Age Bias
1. März 2021 von Fanak Mani
Mavie Hörbiger bekommt eine Absage „weil man sich für eine jüngere Kombination entschieden habe“. Sie ist 41. Die Harvard-Ökonomin und neue Chefin der Welthandelsorganisation wird hingegen als „Großmutter“ betitelt.
Gender Ageism, Altersdiskriminierung, Age Bias, trifft vor allem Frauen. Sie werden doppelt diskriminiert, aufgrund ihres Geschlechts und ihres Alters. Ständig unter Druck einem jungen, perfekten – alterslosen – Erscheinungsbild zu entsprechen, stellen Schauspieler*innen teilweise in ihren Dreißigern, 50-jährige Frauen dar. Augenscheinlich wird man als Frau jenseits der 50 unsichtbar: eine erwachsene Frau ist also irrelevant für das Publikum und ihr existentieller Wert hängt von ihrer „Fuckabilty“ ab. Ein geriatrischer James Bond hingegen, in Begleitung von blutjungen Frauen, ist immer gern gesehen.
Die neue WTO Direktorin Ngozi Okonjo-Iweala wurde von der Schweizer Aargauer Zeitung auf ihre Rolle als „Großmutter“ reduziert. Okonjo-Iweala, Harvard- und MIT-Absolventin, ehemalige Finanz-, Wirtschafts- und Außenministerin von Nigeria und erste Afrikanerin an der Spitze der WTO, wurde mit der Headline „Diese Grossmutter wird neue Chefin der Welthandelsorganisation“ auf perfide Weise degradiert, ihre außergewöhnliche Karriere ignoriert. Die Subheadline ist auch nicht zu verachten: „Die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala hat riesige Probleme zu bewältigen. Mindestens kommunikativ wird sie das problemlos meistern.“ Zwei Sätze voller Stereotype.
Man fragt sich ob man beispielsweise nach der Ernennung von World Bank Präsident David Malpass getitelt hätte: „Dieser Großvater wird neuer Chef der World Bank.“
124 Botschafter*innen, Vize Botschafter*innen und Leiter*innen von internationalen Organisationen in Genf haben ihren Unmut über diesen Artikel in einem Protestschreiben am 26. Februar 2021 kundgetan. Die Entschuldigung der Aargauer Zeitung, dass der Titel „keinesfalls in böser Absicht“ entstanden sei, klingt so platt wie ein schlechter Faschingsscherz.